Didaktische Potenziale von Verweisen im Hypertext

Eines unserer Ziele im SHRIMP-Projekt ist es, die didaktischen Potenziale von Hypertext auszuloten und Best Practices für den Einsatz digitaler Texte in der Hochschullehre zu erarbeiten. Wesentliche Erkenntnisse wird die Evaluation während der Pilotphase im Wintersemester 2015/16 liefern. Aber schon jetzt in der Entwicklungsphase lernen wir sehr viel darüber, zum Beispiel hinsichtlich der Didaktisierung von kommentierten Verweisen.

Seit Kurzem ist der Reader vollständig digitalisiert. Nun arbeiten wir daran, zusätzlich zur ursprünglichen, linearen Leserichtung neue Verweise anzulegen, um die Inhalte zu vernetzen, Kontexte und Zusammenhänge zu schaffen und alternative Lesepfade aufzuzeigen. Eine Besonderheit im SHRIMP-System ist, dass wir die Verweise kommentieren, um sie didaktisch anzureichern. Es hat sich gezeigt, dass Verweise jeweils bestimmte Lerntypen ansprechen, so dass die Verweiskommentare passende Formulierungen benötigen.

Ein Beispiel: Wir haben eine Verbindung von einer Textstelle aus Sitzung 2 zu einer Stelle in Sitzung 4 angelegt. Der Ausgangspunkt in Sitzung 2 ist ein Beispiel, das im Textzusammenhang zwar einleuchtend ist, dessen theoretischer Hintergrund aber erst in Sitzung 4 besprochen wird. Studierende, die von Sitzung 2 aus dem Verweis folgen, lesen explorativ. Sie bleiben im thematischen Kontext, greifen strukturell gesehen aber vor. Wer von Sitzung 4 aus dem Verweis folgt, vergewissert sich der neuen Inhalte anhand eines bereits bekannten Beispiels und stellt einen Zusammenhang her.

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Um für beide Gruppen von Lesenden deutlich zu signalisieren, wie sie von dem Verweis zwischen Sitzung 2 und Sitzung 4 profitieren können, sind unterschiedlich formulierte Verweiskommentare nötig, die auf das jeweilige Lesebedürfnis eingehen: Diejenigen, die vorgreifen möchten, werden darauf hingewiesen, dass das Thema später noch einmal von Bedeutung sein wird, so dass sie wissen, dass sie zwar ihrer Neugier nachgehen können, möglicherweise aber noch nicht alle Aspekte des späteren Kontext werden verstehen können. Rückgreifende Lesende, die in Sitzung 4 unsicher sind, ob sie alles verstanden haben und denen das Beispiel aus Sitzung 2 zusätzliches Anschauungsmaterial und zusätzliche Sicherheit geben kann, werden entsprechend anders angesprochen und daran erinnert, dass sie dieses Beispiel schon kennen.

Welcher Kommentar den Lesenden angezeigt wird, hängt davon ab, von wo aus sie dem Verweis folgen. Das bedeutet, dass die Inhalte mit einer Lese-Perspektive angereichert werden, die wir entsprechend den didaktischen Zielen des Seminars moderierend nutzen wollen. So strukturieren wir das Lesen im komplexen Netz unserer Seminarinhalte und geben den Studierenden eine Orientierungshilfe im SHRIMP-Hypertext.

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